Am Freitag, 22. September
2017 besprachen wir neuere Partien von GM Philipp
Schlosser und GM Richard Rapport. Es ging diesmal nicht (nur) um
glänzende Kombinationen, sondern um Stellungseinschätzung und
Planfindung.
Natürlich entdeckten wir dabei Muster und Pläne, die schon in lange
zurückliegenden Partien aufs Brett kamen.
Das Nachfolgende erschöpft den Abend nicht. Es soll den Teilnehmern am
Schachtalk zur Auffrischung dienen, allen anderen zur Anregung.
Versuche zuerst die Stellung einzuschätzen und den Plan zu finden, ohne
den Hinweis am unteren Ende des Diagramms zu lesen!
Rosa Ratsma (2253) – Philipp
Schlosser (2508) 32. Schwarzacher Open (7), 24.8.2017 Schwarz am Zug (18.) Schwarz handelte nach der Makogonov-Regel (*): „In einer Stellung ohne unmittelbare taktische Möglichkeiten stelle man die schlechtest stehende Figur besser.” Gleichzeitig machte der 18. Zug von Schwarz den weißen Vorstoß f2-f4 madig. |
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(*) Vladimir
Makogonov
(1904-1993) - starker positioneller Spieler; Sekundant von Weltmeister Vassily
Smyslow, Trainer von Vladimir Bagirov und
Garri Kasparow. |
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Philipp Schlosser (2516) –
Say
Das (2399) 28. Czech Open A Pardubice 2017 (6) 26.7.2017 Weiß am Zug (41.) Der Partiezug 41. b5 bietet sich an: der Tb6 wird eingesperrt und seine Befreiung kostet Zeit. (Was würde auf 41.b5 und der sofortigen Befreiungsaktion 41. ... Lc7 folgen?). |
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Besser
ist es aber den Merksatz „Wer materiell
im Nachteil ist, tausche Bauern, aber keine Figuren” zu befolgen. Wie
kann man das in die Wege leiten? |
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Das
nächste Beispiel zeigt noch stärker als das zuvor präsentierte, dass
die Topspieler das Endspiel in allen Nuancen sogar in Rapidpartien mit
sehr beschränkter Zeit beherrschen und die historischen Partien
und Manöver (59. g4!) studiert haben. |
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Richard Rapport (2675) – Wei
Yi (2748) FIDE Weltcup 2017, Tbilisi 8.9.2017 Siehe dazu auch die Ausführungen von Marco Baldauf (Ergänzende Links und Literatur). Schwarz am Zug (39.) kann nicht verhindern, dass Weiß den Freibauern auf der a-Linie abholt. 39. ... h5 40. Ta3 Ld6 41. Txa4 |
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Stellung nach 41. Txa4 Zum Stellungstp Turm gegen Läufer mit drei Bauern gegen drei Bauern auf einem Flügel urteilt Mark Dvoreckij: „Bei drei Bauern gelingt es in der Regel nicht, eine Festung aufzubauen. Die Rettung ist nur in seltenen Fällen möglich und zwar nur dann, wenn die gegnerische Bauernstruktur schlecht ist” (Dvoreckij 2010, S. 338). Das ist hier nicht der Fall. 41. ... Lc5 42. Kg2 Lb6 43. Ta2 Ld4 44. Kf3 Der weiße König beginnt seine Wanderung ins gegnerische Lager auf den weißen Feldern. 44. .... f5 45, Td2 Le5 46. Td5 Kf6 47. Ta5 Ke6 48. Ta6+ Kf7 49. Ke3 Lc3 50. f4 Lf6 51. Kd3 Lb2 52. Kc4 Lf6 53. Tc6 Bevor der König weiterwandert muss der Turm das Feld c3 bewachen, damit der Läufer nicht via c3 und f1 die Bauern von hinten angreifen kann. 53. ... Lb2 54. Kd5 Kg7 55. Ke6 Ld4 56. Tc7+ Kg8 57. Td7 Lc3 Der Läufer pendelt auf der langen Diagonalen um Kf6 zu verhindern. Wenn 57. ... Lf2, dann dringen der weiße König und Turm ein und der weiße f-Bauer marschiert. 58. Td3 Lb2 |
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Stellung nach 58. ... Lb2 Genau diese Stellung stand 1971 in derselben Stadt in der Partie Nikolai Radev – Josef Pribyl, Goglidze Memorial, auf dem Brett. Mark Dvoreckij analysiert sie auf den Seiten 338–339 (Dvoreckij 2010). Hier gibt es ein Gewinnmanöver, das man kennen sollte. 59. g4! hxg4 60. h5 Kg7 61. Td7+ Kh6 62. hxg6 Kxg6 63. Tf7 Lc1 64. Txf5 Kh6 1-0 Nikolai Radev – Josef Pribyl, 1971, verlief auf ähnlichen Bahnen. |
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Dieselbe
Stellung (siehe oben nach 58. ... Lb2) mit vertauschten Farben
untersuchte auch GM Ratmir Kholmov 1973, siehe Müller
2003, S. 298. Die genaueste Analyse lieferte – wen wundert es – GM Robert Hübner anhand seiner Partie gegen B. Andersen, Büsum 1968, siehe Hübner 1996, S. 31ff. Dort findet man auch weitere Literaturhinweise. |
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Philipp Schlosser (2508) –
Robert Zelcic (2486) 32. Schwarzacher Open (6), 23.8.2017 Weiß am Zug (29.) Welche Kandidatenzüge sollten überlegt werden? Wer neugierig ist findet hier die Partie zum Download: Philipp Schlosser – Robert Zelcic, 2017 |
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Philipp Schlosser (2540) –
Robert Zelcic (2460) 2. Dreiflüsseopen Passau 1994 Weiß am Zug (16.) Welche Kandidatenzüge sollten überlegt werden? Hier die Partie Partie zum Download: Philipp Schlosser – Robert Zelcic, 1994 |
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Zum
Abschluss des Feuerwerks an guten Ideen und Plänen eine Studie von Hermann
Neustadtl zum Thema der Gegenfelder, auch korrelierende
oder
korrespondierende Felder genannt. Die einfachste Definition ist
wohl:
Beispielhafte Ausnutzung einfacher Art von korrelierenden Feldern sind Opposition und Dreiecksmanöver, siehe dazu Rieger 2007. Etwas ausführlicher sind Gegenfelder bei Garber 2009, im englischen Artikel Corresponding squares und in Dvoreckij 2010, Kapitel 1.2 "Korrelierende Felder", S. 3-16, erklärt (und bei André Cheron, dessen Werk mir aber nicht vorliegt). |
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Hermann
Neustadtl 1907 Weiß am Zug gewinnt Wenn Schwarz am Zug wäre kann man bei einigem Nachdenken erkennen, dass Weiß gewinnt. Es gilt also die Stellung zu erreichen mit Schwarz am Zug. 1 Kf3 Kc6 2 Kf2! Kc5 3 Ke2! Kc6 4 Kf3! Kd5 5 Ke3! Es ist vollbracht. |
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Jeder möge die genannte Zugfolge selbst durchschauen und dann den Gewinnweg finden, wenn in der Studienstellung Schwarz am Zuge ist. | ||
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Ergänzende
Links und Literatur
Baldauf,
Marco (2017): Rapportsche Endspieltechnik, ChessBase
9.9.2017.
Corresponding
squares, Wikipedia
Dvoreckij, Mark (2010): Die
Endspieluniversität.
Essentielles Endspielwissen für Amateur und Profi. 4., korrigiert
u.
stark erweitert überarbeitete Auflage. München: Jussupow
Schachakademie.
Garber,
Thomas (2009): Typische Motive in Bauernendspielen Typische
Motive in Bauernendspielen.
Hübner, Robert (1996): Twenty-five Annotated Games.
Berlin:
Arno
Nickel.
Müller, Karsten, & Frank Lamprecht (2003): Grundlagen
der
Schachendspiele. London: Gambit.
Einige Studien von Hermann
Neustadtl
Rieger,
Martin (2007): Korrelierende Felder. Juni 2007.