SK Wasserburg

Abtausch

1) Türme auf offener Linie nicht tauschen, sondern den Gegner tauschen lassen!

Lehrbeispiel, das so ähnlich in Partien oft vorkommt

Weiß hat zuletzt mit Tfd1 den Turmtausch angeboten.
Tarrasch
Tarrasch
Schwarz am Zug steht vor Frage:
tauschen?
Schwarz am Zug nach dem Abtausch

Schwarz hat seinen aktiven Zentralturm gegen den Eckerl-Turm auf a1 hergegeben. Das war kein guter Tausch.
Dabei könnte Schwarz – nimmt man die vereinfachte Stellung im Lehrbeispiel für bare Münze – hier sogar ausnahmsweise aufgrund der weißen Grundlinienschwäche tauschen.
1. ... Txd1+ 2. Txd1 Kf8! 3. Td7 Te8! 4. g4 Te7 =

Die beiden nachfolgenden Prinzipien von Siegbert Tarrasch und Aaron Nimzowitsch müssen in Fleisch und Blut übergehen.

„Haben beide Parteien eine offene Linie besetzt, dann tauscht man die Türme nicht selbst, wenn ein feindlicher Turm wiedernehmen kann, sondern läßt den Gegner tauschen, so daß der zurückschlagende Turm wieder die offene Linie beherrscht. Der Kampf um die offene Linie ist nicht selten entscheidend für den Ausgang der Partie. Der Hauptwert des Besitzes der offenen Linie liegt darin, daß der Turm auf die vorletzte bzw. zweite Reihe eindringen kann. – Das Eindringen eines Turmes auf diese Reihe bedeutet im Mittelspiel wie im Endspiel einen gewaltigen Vorteil.”
Siegbert Tarrasch: Das Schachspiel

Ergänzung: manchmal ist es auch vorteilhaft auf die Grundreihe einzudringen (vor allem beim Grundreihenmatt Grundreihenmatt), wenn man dort Beute findet.
Das hatten wir schon mal von Nimzowitsch (siehe Neues vom Training, 30. November 2016):
„Das Ideal jeder Linienoperation besteht in dem schließlichen Eindringen auf dem Wege dieser Linie in das Spiel des Gegners, also in dessen 7. oder 8. Reihe (von uns, Weiß, gezählt).”
Aaron Nimzowitsch: Mein System

 
Praxisbeispiel
Alexander Aljechin – Efim Bogoljubow, Budapest 1921
Aljechin
Weiß am Zug nach 20. ... c5

Was würdest du ziehen?










Wenn Weiß tauscht
21. Txd8 Txd8
entsteht die folgende Stellung:
Aljechin
Im Vergleich zur vorherigen Stellung erkennt man, dass Weiß seinen aktiven Zentralturm auf d4 gegen den Eckerl-Turm auf a8 hergegeben hat.









Wenn Weiß weiter tauscht
22. Txd8 Dxd8
entsteht die folgende Stellung:
Aljechin
Die Stellung ist ausgeglichen.
Statt zu tauschen spielte Aljechin in der obigen Ausgangsstellung 21. T4d2! und gewann im 30. Zug.

2) Eindringen des Turms auf die siebente Reihe

Tarrasch gibt in Das Schachspiel das folgende Beispiel als Diagramm Nr. 300.

Tarrasch
Weiß am Zug
Originalanmerkungen von Siegbert Tarrasch.













1. Tac1 Tc8
2. Sa5 La8
3. Txc8


Weiß tauscht hier ein Turmpaar, um die offene Linie sofort mit dem anderen Turm zu besetzen.
3. ... Dxc8
4. Tc1 Db8
5. Dc2!

Tarrasch
Damit verhindert Weiß die Opposition des feindlichen Turmes und beherrscht nun die offen Linie unumschränkt. Schon droht er auf die vorletzte Reihe einzudringen, was Schwarz auf die Dauer nicht verhindern kann.
5. ... Ld8
6. Sac6 Db7
7. Sxd8+ Txd8
8. Dc7

Tarrasch
Damit ist Weiß Herr der Partie. Hier steht zwar auf der vorletzten Reihe (ausnahmsweise!) nicht ein einziger Bauern, aber der Druck, den die eingedrungene Dame und bald der Turm auf c7 ausübt, ist geradezu lähmend.
8. .... Db8
Schwarz vermeidet zunächst den Tausch, denn ein Turm auf der vorletzten Reihe ist noch unangenehmer als die Dame.
9. Lf2
Damit bringt Weiß seine einzige schlecht postierte Figur ins Spiel. Man muß immer auf das Zusammenspiel aller Figuren bedacht sein und die abseits oder schlecht stehende besser zu postieren suchen.
9. ... Db6
Um Lh4 mit Dxd4+ zu beantworten.
10. Sf3 Dxc7
Wegen der Drohung Lh4 ist der Tausch jetzt erzwungen.
11. Txc7 Nun beginnen bald die Mattangriffe.
11. ... Ke8
Der Springer bedurfte der Deckung.
12. Lh4
Auch 12. Sg5 Sf8 13. Lc5 war stark genug.
12. ... Tb8
13. Sg5 Sf8
14. Sf7


Droht Matt durch Sd6# wie durch Te7#.
14. ... Sd7
15. Sd6+

und Weiß erobert den Springer.

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