Gerade in Bauernendspielen sind Motive und allgemeine Prinzipien mit
konkreter Variantenberechnung eng verzahnt.
Die Könige stehen in Opposition, wenn sie ein Rechteck bilden,
dessen
Eckfelder alle von derselben Farbe sind. Wer in dieser Stellung nicht
am Zug ist, besitzt die Opposition.
Alle anderen Konstellationen, wie Nah-, Fern-, Seiten-, Diagonal- und
virtuelle Opposition sind Spezialfälle der obigen allgemeinen
Definition von Opposition.
Schlüsselfelder
Gelingt es einem König eines der unbedingten Schlüsselfelder
einzunehmen, so ist die Umwandlung, egal wer am Zug ist, gesichert;
nimmt er ein bedingtes Schlüsselfeld ein, muss er, um die Umwandlung zu
sichern, auch die Opposition besitzen.
Einige Anwendungsfälle und Erweiterungen:
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Schwarz am Zug zieht nach
unten. Der erste Zug ist klar, doch wie geht es weiter? Kann Schwarz gewinnen? Die zum schwarzen König nächstgelegenen unbedingten Schlüsselfelder sind b4, c4 und d4. Das Schlüsselfeld d4 kann Weiß schon mit seinem ersten Zug Ke3 verwehren. Deshalb muss der Schwarz das Schlüsselfeld b4 anstreben. Auch das kann Weiß in letzter Sekunde mit Kc3 verwehren. Doch jetzt gelingt es dem schwarzen König ein bedingtes Schlüsselfeld und die Opposition einzunehmen. |
1. …
Kxc7 2. Ke3 Kb6 (2. … Kd6 remisiert nur, wegen 3.Kd4) 3.Kd4 Kb5 4. Kc3 Kc5 0:1 |
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Bauerndurchbruch Dem Bauerndurchbruch liegt die Idee zugrunde, dass in Endspielen ein Freibauer, der zur Umwandlung geht, auch hohe materielle Opfer rechtfertigt. |
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Weiß am Zug hat zwei
Gewinnmethoden. 1) Brutaler Bauerndurchbruch 1. b6 2) Hemmung und Ablenkung 1. a6 |
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Weiß am Zug zieht nach oben Die weißen Bauern sind weit vorgerückt, der schwarze König ist außerhalb der Bauernquadrate. Beliavsky, & Kostrov: 2000 Schachaufgaben 4 Endspiele. Moskau: Russian Chess House, 2019. #2 |
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1. b6 Schwarz ist gezwungen zu schlagen. Je nachdem, welcher Bauer schlägt, beseitigt Weiß mit dem Bauern der gegenüber liegenden Linie das letzte Hindernis für einen Freibauern. Beispiel: 1. … axb6 2. c6! bxc6 3.a6 und Weiß gewinnt. |
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J.
R. Capablanca: Letzte Schachlektionen Diagramm 1, S. 15 |
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Weiß am Zug Capablancas 1. Prinzip: Rücke den Bauern vor, der zwei gegnerische hemmt! 1.b4! |
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Schwarz
am Zug Wenn Schwarz am Zug ist, nimmt er Weiß mit 1. … a5 den Wind aus den Segeln. Die Stellung ist ausgeglichen. Daraus folgt Capablancas 2. Prinzip: Rücke mit dem Bauern vor, der kein Gegenüber hat. |
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Nach 1. b4 widmet sich Schwarz
der weißen Bauernmehrheit am Damenflügel. 1. ... Ke5 2. Ke3 Kd5 (Wenn 2. ... Kf5 gewinnt Weiß mit 3.Kd4) 3. g4 Capablancas 2. Prinzip 3. ... Kc4 Schwarz verschafft sich schnelles Gegenspiel und remisiert, vorausgesetzt, er bleibt wachsam. 4. h4 Kxb4 5. g5 <--- Stellung nach 5. g5 Schwarz hat eine wichtige Entscheidung zu treffen. Was schlägst du vor? |
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Variante 1) In 5 Bauernzügen geht der Bauer a6 zur Dame. Variante 2) mit einem Sidestep des Königs und 4 Bauernzügen geht der Bauer b5 zur Dame. Um zu entscheiden, welchen Bauern er umwandelt, muss Schwarz prüfen, wie es am Königsflügel läuft. |
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Variante
1) 5. ... a5 6. h5 a4 7. g6 Nach 7. ... a3 folgt 8. gxh7 a2 9. h8D und Schwarz kann nicht mehr zur Dame einziehen. Also 7. .... hxg6, siehe Diagramm links. Weiß muss auf der Linie einziehen, auf der a1D verhindert wird, also der h-Linie. 8.h6! a3 9. h7 a2 10. h8D und Weiß gewinnt. |
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Also
muss Schwarz den Bauern in der b-Linie laufen lassen: Variante 2) Nach 5. g5 (siehe vorletztes Diagramm oben) remisiert Schwarz mit 5. ... Ka3!! 6. h5 b4 7.g6 hxg6 8. hxg6 b3 9. g7 b2 10.g8D b1D und Ausgleich |
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Blazej
Sobczak – Lorenz Röll, Kirchseeon 2024 |
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Weiß am Zug hat zwei Strategien: 1) einen der Bauern am Damenflügel durchbringen 2) Weiß läuft zum Königsflügel, Schwarz rasiert den Damenflügel. Die reine Abzählmethode ergibt für Strategie 2) zunächst gleich schnelle Umwandlung zur Dame. Doch Schwarz kann den Wettlauf mit b7-b5! beschleunigen. Schwarz gewinnt. Durch Elimination verwirft Weiß die Strategie 2); also verbleibt Strategie 1). |
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Am Damenflügel kommt Weiß nur mit dem Bauernopfer 1. c6 weiter. | |
Stellung nach 1. c6 Nach Ablehnung des Opfers mit 1. ... b6 gewinnt Weiß leicht mit 2.c5!! Nach Annahme des Opfers 1. … bxc6 geht der weiße König mit 2. Kc5 in die Opposition und gewinnt. |
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Stellung nach 2.Kc5 Z. B. 2. … Kd7 3. Kb6 Kd6 |
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Stellung nach 3. ... Kd6 Jetzt gewinnt 4. Kxa5 leicht. |
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Lehrreich ist, dass das
natürlich
ausschauende 4. c5+ den Gewinn verschenkt. <---- Stellung nach 4. c5+ Kd5 Nach 4. … Kd5 einsteht eine Stellung mit gegenseitigem Zugzwang. Wer am Zug ist verliert seinen Bauern, außer er hat noch irgendwo am Brett Reservezüge. Es könnte folgen: 5. Kxa5 Kxc5 6.Ka6 Kd4 und beide Freibauern gehen gleichzeitig zur Dame: remis. |
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Stellung mit gegenseitigem
Zugzwang, die es zu vermeiden gilt. In der englischen Literatur auch unter Trébuchet bekannt, siehe Zugzwang. |
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