SK Wasserburg

Zusatztraining 18. November 2017

Da die U16 Mannschaft spielfrei war und zur Vorbereitung auf die Jugend-EM Kreis Inn-Chiemgau in Mühldorf bot Jugendleiter Herbert Huber am 18. November von 10 bis 15 Uhr ein Zusatztraining für Fortgeschrittene an.
Teilnehmer*innen (alphabetisch): Benedikt Racky, Fabian Meyer, Kenzo Strauß, Noah Racky, Selina Racky
Ich empfehle allen Trainingsteilnehmern die hier angerissenen Inhalte zu wiederholen.

1) – Ein paar Kombinationen zum Aufwärmen

LPDO
Kombination
Weiß am Zug; kein Problem mit LPDO
Das Mattbild hatten wir zuvor im Quattrotraining. Weiß am Zug

Kombination
Kombination
Weiß am Zug
Wieder ein glatter Fall für LPDO
Schwarz am Zug kennt keine Gnade

Kombination
Kombination
Wie setzt Schwarz am Zug in 4 Zügen matt?
Weiß am Zug fackelt nicht lang herum

2) – Fortsetzung und Vertiefung des Quattrotrainings aus den Schachimedes-Journalen von Dr. Martin Stichlberger. Zu finden über Schachimedes - Spaß am Schach mit Stichl; dort via "Schachseminare" zum Download-Archiv aller früheren Ausgaben der Schachimedes-Journale.
3) – Schon wieder LPDO! Drei Kombinationen mit der Methode LPDO (siehe Einführung der LPDO Methode). Die anspruchvollste dieser Aufgaben stammte von der Olympiade Skopje 1972.

Tal
Michail Tal – Jan Timman
Olympiade Skopje 1972

Hier geht es – neben Figuren – auch um ungenügend geschützte Felder (mit oder ohne Steine), wenn sie nur nahe beim König sind.
Welches Feld im schwarzen Lager ist ungenügend verteidigt, wenn man sich den Läufer h6 wegdenkt?
Wie kann Ex-Weltmeister Tal (nach etwas Vorarbeit) dieses Feld nochmals angreifen?
Dann  hast du die Antwort auf die Frage:
Was spielte Tal am Zug? Drei Züge später gab Timman auf. Die Reihenfolge der Züge ist hier wichtig!

4) – Läuferopfer auf f7

Singer
Christoph Singer – Waldemar Golder
Ortenburg 2017

FM Christoph Singer spielte hier 12. a3 und verschmähte oder versäumte das (zumindest für uns) schwer zu berechnende Läuferopfer auf f7, gewann später aber trotzdem.
Wir folgten den Spuren von GM Michael Prusikin in Schach 11, Nov. 2017, S. 76, und konnten zudem – im Gegensatz zu Christoph Singer – die Figuren bewegen. Michail Tal (siehe oben unter 3) hätte an dieser Kombi seine Freude gehabt.

Um den Lesern den Spass nicht zu verderben, gebe ich nur einige Züge und Varianten.
12. Lxf7+ Kxf7
13. Db3+ Kg6
14. Sh4+ Kh5
15. Df7+ g6
16. h3 Kxh4
17. hxg4 Dd6
18. cxd4 Sxd4
19. Te3 +–

13. ... Kf8 14. Sg5 Sd5 15. Sxh7+ ...


16. ... Lxh3 17. Sdf3 Lf8 18. g4+ ....
17. ... Tf8 18. Sf3+ Kxg4 19. De6+ Kh5 20. Dh3#
18. ... Tf8 19. Te3 Txf7 20. Th3 Kxg4 21. f3+ Kg5 22. Sc4#
Aus dem Lehnstuhl heraus kann man den Partiezug 12. a3 tadeln, aber nicht jeder will sich auf so haarsträubende Abenteuer einlassen und nur Kombinationskünstler wie Alexander Aljechin (siehe: Die klassische Partie) können sie in allen Varianten durchrechnen.

5) – Schwerpunkt: Turmendspiele
Besprechung extrem wichtiger Stellungen im Endspiel Turm und Bauer gegen Turm

Philidor
Philidorstellung

Schwarz am Zug hält Remis indem der Turm die 6. Reihe besetzt: 1. ... Tb6!
Die Technik wurde besprochen.

Lucena
Lucenastellung aka Brückenbau

Weiß am Zug gewinnt beginnend mit der Abdrängung 1. Tf1+.
Die Technik des Brückenbaus wurde besprochen.
Turm gegen Bauer
Bauer auf der 7. Reihe

Die Verteidigungstechnik in Stellungen dieser Art ist wichtig, da sie häufig vorkommen.
Der Umgehungsangriff und wie man ihn vermeidet war schon am 11. Oktober 2017 Thema im Training. Auch ungefährdete Schachgebote muss der Verteidiger vermeiden.

Welcher Zug von Schwarz führt zum Remis?
Nachfolgend der Bauer auf der 7. Reihe in der Praxis:
Kavalek
Lubomir Kavalek – Leonid Shamkovich
IBM Turnier Amsterdam

Stellung nach dem 55. Zug von Weiß


55. ... Kg7
56. g5
Auch 55. ... Kh7 hält remis
Vorwärts darf der weiße König nicht. Was passiert nach 56. Kh5?
56. ... fxg5+
57. Kxg5 Ta1
58. Kf4 Ta2
59. Ke4



Hier einigten sich die beiden Großmeister auf Remis
Kavalek Lubomir Kavalek – Leonid Shamkovich, IBM Turnier Amsterdam, 1968

Dazu verteilte ich zwei Blätter: „Turmendspiel: Grundlagen” des Vereins zweihochsechs Bielefeld. Der Text ist sehr kompakt doch als Erinnerungsstütze für die Manöver im Turmendspiel (enthält auch zusätzliche Manöver, die wir noch besprechen werden) gut brauchbar. Siehe: Verwendete Literatur.
Zum Abschluss des Schwerpunkts Turmendspiele besprachen wir ein fantastisches Turmendspiel, an dem man erkennen kann, wie viel Grips und Witz in solchen Endspielen drin steckt, wenn man es nur sieht:

Carlsen
Magnus Carlsen – Zbynek Hracek
Bundesliga Baden-Baden – Werder Bremen, 2006

Stellung nach dem 59. Zug von Schwarz
Was soll Weiß tun? Schwarz zieht nie Kg6 (wegen Tg8+ nebst Verwandlung des c-Bauern; siehe oben: Bauer auf der 7. Reihe). Der schwarze Turm bleibt auf der b-Linie. Wenn sich der weiße König seinem c-Bauern nähert um den Turm zu entlasten gibt Schwarz Turmschachs, vor denen sich Weiß nicht verstecken kann.
Der spätere Weltmeister Carlsen fand aber ein spektakuläres Gewinnmanöver.
60. f4!! exf4

oder 60. ... Td2+ 61. Kc6 Tc2+ 62. Kd5 Td2+ 63. Kc4 Tc2+ wenn Schwarz die Schachgebote ausgehen, hat Weiß sozusagen einen Freizug, z.B. 64. Kb3 Tc6 65. fxe5 Kg7 Das remis-rettende Feld nutzt hier wenig, da der schwarze Turm nicht mehr hinter dem Freibauer steht 66. Tg8+ Kxg8 67. b8D+
61. gxf4 gxf4
62. Tg8!!

Der Turm zieht ohne Schach ab, trotzdem darf Schwarz den Freibauer nicht schlagen, da 63. e5# matt folgen würde.
62. ... Tb6+
63. Kc7 Txb7+
64. Kxb7 f3!


Jetzt hat Schwarz einen gefährlichen Freibauern.
65. Kc6 Weiß will den schwarzen König wieder einsperren und mit e5 matt setzen. Daher hat Schwarz keine Zeit seinen Freibauer f3 vorzuschieben: 65. ... f2 66. Kd6 f1D 67. e5#
65. ...      Ke5
66. Te8+ Kf4
66. ... Kf6 67. e5+ Kg5 alles andere ist schlechter. Jetzt fängt Weiß den Freibauern ab: 68. Tf8 Kg6 69. Tg8+ Kh7 70. Ta8!
67. Kd5 f6
67. ... Kxg4 68. Tf8 und Weiß gewinnt, z.B. 68. ... f5 69. Txf5 h5 70. Tf7 h4 71. e5 h3 72. Ke4! h2 73. Tg7+ Kh3 74. Th7+ Kg2 75. Txh2 +–
68. Tf8
Schwarz gab auf
Hier die gesamte Partie: Carlsen Magnus Carlsen – Zbynek Hracek, BL 2006

6) – Eine fantastische Studie, ich behaupte, die bekannteste Schachstudie aller Zeiten

Reti
Richard Reti
Deutschösterreichische Tageszeitung 11. 9. 1921

Weiß am Zug hält remis

Wer Bauernendspiele und damit das Bauernquadrat kennt, wird sich verwundert die Augen reiben. Der schwarze König ist schon im Quadrat des Bauern c6, der weiße König ist vom Quadrat des Bauern h5 noch meilenweit entfernt. Wie soll da Weiß am Zug remis halten?

Doch wie jeder russische Schulbub weiß geht das beginnend mit ....

7) – Die klassische Partie: Richard Reti – Alexander Aljechin, Baden-Baden 1925
Aljechin Richard Reti – Alexander Aljechin, Baden-Baden 1925

8) – Schach wurde auch gespielt, unter anderem ein Schnellschachturnier der vier U16-Mannschaftsspieler:
1. Benedikt Racky 2,5, 2. Kenzo Strauß 2, 3. Selina Racky 1,5, 4. Fabian Meyer 0.

Verwendete Literatur:
Pfleger, Helmut: „Richard Reti – Alexander Aljechin, Baden-Baden 1925”. In: Die schönsten Partien der Schach- geschichte - Band 1. Hamburg: Chessbase, DVD.
Prusikin, Michail (2017): „Hohe Schule der Kombination”. Schach 11. S. 72–76
Rosen, Bernd (2011): Fit im Endspiel. Frechen: Chessgate
Stichlberger, Dr. Martin: „Quattrotraining”. Schachimedes – Spaß am Schach mit Stichl
zweihochsechs Bielefeld e. V.: „Turmendspiel: Grundlagen”

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